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Heusnerviertel (Bochum)– Zwischen Mythos und städtischer Überschreibung

Das „Heusnerviertel“ war ein Stadtteil von Bochum-Hamme. Es umfasste mehrere Straßenzüge, Schulen, Geschäfte, zahlreiche Häuser, Höfe und Gärten. In den 80er Jahren musste es der so genannten Westtangente weichen, die als Teil­abschnitt der DüBoDo durch die Bochumer Stadtlandschaft betoniert wurde.

Sukzessive entwickelte sich in dem Stadtteil seit Beginn der 80er Jahre eine der bundesweit größten Besetzungsstruktur. Gab es ab 1981 in dem „Sanierungsgebiet“ neben wenigen Besetz­ungen noch viele Nutzungsverträge für StudentInnen, waren hier von 1984 bis 1986 rund 20 Häuser teil- oder ganz besetzt und der Stadtteil gab sich den Namen „Heusnerviertel“. Weit über 100 BesetzerInnen und viele „Noch-MieterInnen“ wohnten in den zum Abbruch vorgesehenen Häusern und schützten diese mit Barrikaden vor dem Zugriff der Baufirmen, der Stadt und deren Polizei. Die von ihren BewohnerInnen auch liebevoll als „Bronx“ bezeichnete Großraum­besetzung gelangte dabei zu einiger Berühmtheit.

Mit viel staatlicher Gewalt und rechtswidrigen Vorgehen versuchte die Stadt Bochum den Widerstand der Viertel-BewohnerInnen zu brechen. Schlussendlich wurden die besetzten Häuser geräumt, abgerissen und die Westtangente gebaut. Ein Lehrstück städtischer Politik im Umgang mit ihren BürgerInnen.

Viel Zeit ist seitdem verflossen und das Heusnerviertel ist fast vergessen. Wenn dennoch seine Geschichte erzählt wird, dann von sehr unterschiedlichen ProtagonistInnen:

Zum Einen von Mitgliedern einer so nicht mehr existenten linken Szene. Da sich das Heusnerviertel aber um keine Dokumentation und Aufarbeitung seiner eigenen Geschichte bemühte fallen viele Ereignisse, Prozesse und Aktionen einer subjektiven Auslegung und Mythologi­sierung an heim.

Zum Anderen von JournalistInnen und Hobby-Historikern, die das städtische Narrativ wieder­geben, dass im Heusnerviertel uneinsichtige, teils gewalttätige QuerulantInnen lebten, die sich widerrechtlich den Entscheid­ungen einer demo­kratischen Stadt­verwaltung entzogen. Nicht nur das dieses Narrativ fast jeden wahren Kern entbehrt. Auch die Motive und Ideale, der Alltag und der berechtigte Widerstand der BesetzerInnen gegen eine anmaßende und autoritäre, unökologische und rein an Kapitalinteressen gebundene Politik verschwinden hinter diesen Darstellungen.

Bis heute wird die Geschichte des Heusnerviertels und sein utopischer Gehalt überschrieben und diverse ProtagonistInnen eignen sich die Geschichte für ihre Interessen an.

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