🚲Rundfahrt „Ein Volk, das nicht mehr arbeitet, ist dem Verderben geweiht“
Am 15. Januar 1923 trafen französische Truppen in Witten ein. Zwei Jahre lang besetzten sie die Stadt. Meistens wird das als Dreiklang von Besetzung, Inflation und Hitler-Putsch erzählt.
Heute dagegen stehen diejenigen im Mittelpunkt, die am meisten unter der Situation litten, nämlich meist sehr junge, in der Regel ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter. Bürgertum und traditionelle Gewerkschaften nannten sie verächtlich Janhagel. Sie standen der Nation und der bürgerlichen Ordnung antagonistisch gegenüber. Janhagel organisierte sich kaum politisch und handelte nicht strategisch, sondern wollte die konkreten Lebensumstände hier und jetzt verbessern.
Vor 100 Jahren endete ein fünf Jahre dauernder Zyklus von Kämpfen des Proletariats. Er hatte mit der Novemberrevolution 1918 begonnen, gewann in den Wittener Unruhen im März 1919 und in den Kämpfen der Roten Ruhrarmee im März 1920 an Intensität. 1923 erschütterten erneute Auseinandersetzungen die Gesellschaft. Ein in diesen Kämpfen übersehener Aspekt war der Kampf um die Arbeitszeit. Ende 1923 entfiel der Acht-Stunden-Tag, den es seit der Novemberrevolution 1918 gegeben hatte. Die wöchentliche Arbeitszeit kletterte für die Mehrheit der lohnabhängig Arbeitenden erneut auf 60 Stunden und mehr.
Abgesehen von einer Tafel am Ruhrtalradweg haben die Geschehnisse des Jahres 1923 keine sichtbaren Spuren in der Stadt hinterlassen. Das spurlose Verschwinden der Menschen aus den proletarischen Milieus, die in dieser Veröffentlichung im Mittelpunkt stehen, ist kennzeichnend für den gesellschaftlichen und geschichtswissenschaftlichen Umgang mit ihnen. Ihre Leben, ihre Leidenschaften und Träume, ihre Kämpfe, Niederlagen und Siege müssen mühsam dem Verdrängen und Vergessen-Machen entrissen werden.
So. 17. Dezember 2023, 11:00 Uhr, Treffpunkt: Marktplatz vor dem Rathaus